von Andreas Wende
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28. Dezember 2022
Seit Ende des vergangenen Jahres müssen Verkäufer, die einen Makler und seine Leistungen für den Verkauf bestellen, die Courtage mindestens zur Hälfte tragen. Den Rest der Kosten trägt der Käufer. Wenn Sie mich fragen, klingt das durchaus fair. Besser noch: Da Makler häufig deutlich mehr Leistungen für Verkäufer erbringen, also etwa die Exposé- Erstellung, Bewertung und Kaufvertragsabwicklung, wäre es sogar gerechtfertigt, Verkäufer stärker zu belasten – im Sinne eines echten Bestellerprinzips. Aber nun gut, eine hälftige Beteiligung an der Courtage ist ein guter Kompromiss. Doch nun ist es plötzlich wieder da – zumindest in Berlin: Das Märchen der preistreibenden Provisionsregelung für Makler. Mehrere Marktteilnehmer behaupten nämlich, dass die Courtagebelastung für Verkäufer plötzlich dazu führt, dass die Wohnungskaufpreise in Berlin steigen. Sie behaupten, dass sie dazu gezwungen wären, zu hohe Kaufpreise für eine Immobilie anzusetzen, um das Verkaufsmandat zu erhalten. Kleine selbstständige Maklerunternehmen sollen dem Vernehmen nach illusorische Kaufpreise versprechen. Also mal ehrlich: Der Mythos, dass die neue Provisionsregelung zu einer Erhöhung der Kaufpreise führt, ist aus meiner Sicht an den Haaren herbeigezogen. Die Diskussion ist der bloße Versuch, die Entwicklung zurückzudrehen. Über Jahre konnten sich Makler im Privatkundensektor im angespannten Berliner Wohnungsmarkt darauf ausruhen, dass sie Leistungen für den Auftraggeber erbringen, der im Nachgang nicht bezahlen musste. Sie konnten ihre Leistungen sozusagen kostenfrei anbieten, anschließend mussten Käufer die Rechnung tragen. Natürlich ist das bequem, aber es ist eben auch unfair. Bei keiner anderen Dienstleistung wäre das der Fall. Warum also in der Vermarktung? Und überhaupt: Haben Makler denn vor der Einführung der neuen Provisionsregelung nicht auch schon den Bestpreis angegeben und versucht, ihn zu erzielen? Das ist es doch, womit Verkäufer uns beauftragen. Wir suchen nach dem besten, zu realisierenden Preis zu einem bestimmten Verkaufszeitpunkt. Und an diesem Bestpreis werden wir prozentual beteiligt. Makler, die nun behaupten, überzogene Kaufpreise anzugeben, um das Vermarktungsmandat zu erhalten, gestehen sich doch nur ein, dass sie vorher zu niedrige Preise angegeben haben. Wieso das? Oder sie handeln unseriös. Dieser Trick hätte aber auch schon vor der neuen Regelung funktioniert. Allerdings spricht sich unseriöses Handeln in einem professionellen Umfeld schnell herum. Über öffentliche Bewertungen wird es schnell enttarnt. Es mag also sein, dass kurzfristig neue Mandate dazukommen, wenn man illusorische Preise verspricht, mittel- und langfristig muss man sich aber eine neue Aufgabe suchen. Und das ist auch gut so. Ich will hier nicht behaupten, dass die Provisionsregelung leicht ist. Natürlich ist sie ein Einschnitt, der unser Leben schwerer macht. Wir müssen unsere Leistungen nun transparenter und verständlicher darstellen und sowohl Käufern als auch Verkäufern besser erläutern, wofür wir die Provision eigentlich erhalten. Insbesondere Kunden, die sonst nichts mit Immobilien und Transaktionen zu tun haben, kennen die Prozesse gar nicht. Das ist ein Teil unserer Aufgaben, das war auch schon vorher so. Im gewerblichen Immobiliensektor läuft das schon seit Jahrzehnten auf diese Art und Weise. Denn bei Portfoliotransaktionen wissen Käufer und Verkäufer sehr genau, was sie sich von einer Beratung und Vermittlung erwarten – und sind bereit, dafür zu zahlen. Wieso sollte das im privaten Immobiliensektor denn anders laufen? Nun können wir uns lange damit aufhalten, darüber zu jammern, dass die Welt nach der Einführung der Provisionsregelung bei Immobilienkäufen eine andere ist. Doch wir sollten darin die Möglichkeiten, die sich uns und unseren Kunden bieten, sehen. Einerseits führte und führt die Regelung dazu, dass sich die besten und professionellsten Makler mit dem besten Marktzugang durchsetzen. Schließlich schauen Käufer, die einen Teil der Leistung nun auch zahlen müssen, genauer hin. Im Gegenzug könnte sich dadurch auch der zum Teil doch ziemlich intransparente Markt an Maklern in der Bundeshauptstadt beruhigen, sodass dubiose Marktteilnehmer wegfallen. Diese Marktbereinigung ist für alle, die nachhaltig und professionell handeln, doch wirklich zu begrüßen. Diese Bereinigung könnte auch dazu führen, dass sich das Image unseres Berufsstands wieder verbessert. Denn sind wir mal ehrlich: Makler haben einen wirklich schlechten Ruf, gerade in Berlin. Wir werden eben nicht als Berater für die mitunter wichtigste Investitionsentscheidung des Lebens wahrgenommen, sondern als geldgierig. Durch die transparente Provisionsregelung können wir diese Reputation verbessern. Dazu müssen wir aber sowohl auf die Käufer-, als auch Verkäuferinteressen eingehen. Das ist nur fair, schließlich zahlen beide für unsere Leistungen. Dieser Kommentar von Andreas Wende erschien zuerst am 31.7.2021 im Tagesspiegel.